32. KAPITEL
Patrick Gorman, der Besitzer des Exposed-Magazin schlenderte in das Besucherzimmer des Gefängnisses von San Diego und ließ sich auf den Stuhl gegenüber einer recht niedergeschlagenen Vanessa Kohler fallen. Vanessas anfängliche Euphorie über das glückliche Ende im Haus ihres Vaters war verflogen. Nach zahllosen Verhören durch die Polizei dämmerte ihr, dass jeder der Version von General Morris Wingate glaubte. Keiner schenkte ihrer Erzählung von geheimen Einheiten und einer Verschwörung in höchsten Regierungskreisen auch nur den geringsten Glauben.
Gorman musste sich zu einem Lächeln zwingen. Es machte ihn traurig, eine seiner besten Reporterinnen in einer so kläglichen Verfassung zu sehen.
»Als ich Sie engagierte, habe ich da vergessen, Ihnen zu sagen, dass Ihr Job darin besteht, über Nachrichten zu berichten, nicht selbst in den Nachrichten zu erscheinen?«
»Da habe ich wohl nicht richtig zugehört.« »Das glaube ich Ihnen aufs Wort. Also, wie geht es Ihnen?« »Ganz gut. Ich werde von den übrigen Gefangenen isoliert, also brauche ich nicht zu befürchten, von einer Gang vergewaltigt zu werden. Meine größten Probleme sind Langweile und das miese Essen. Bei dem lächerlichen Gehalt, das Sie zahlen, kann ich mir natürlich nur mieses Essen leisten. Also ist wohl die Langeweile mein größtes Problem.«
»He, für ein Klatschblatt zahle ich Spitzenhonorare! Versuchen Sie doch, beim Enquirer mehr zu bekommen!«
»Wie läuft das Magazin?«
»Seit Sie gegangen sind, sinken die Auflagenzahlen. Niemand schreibt so gute Storys über Riesenratten wie Sie.« Vanessa lächelte schwach, wurde jedoch sofort wieder ernst. »Haben Sie etwas von Carl gehört?«
»Soweit ich weiß, ist er im Gewahrsam des FBI. Er wurde bisher nicht einmal einem Untersuchungsrichter vorgeführt.«
Vanessa beugte sich vor und senkte ihre Stimme. »Hat meine Anwältin Ihnen mein Manuskript gebracht?«
»Ich habe es gestern gelesen.«
»Und? Veröffentlichen Sie es?«
Gorman schüttelte bedächtig den Kopf. »Das kann ich nicht, Vanessa.«
»Diese Sache ist größer als Watergate, Pat. Man wird Exposed im selben Atemzug nennen wie die Washington Post.«
»Exposed kann es sich nicht leisten, seriös zu werden. Wir würden unsere Leser verlieren«, scherzte Gorman, um die Situation aufzulockern, aber Vanessa stieg nicht darauf ein.
»Wollen Sie wirklich, dass jemand wie Morris Wingate dieses Land führt?«
»Meine politische Einstellung hat nichts mit meiner Entscheidung zu tun. Sie sind lange genug im Zeitungsgeschäft, um zu wissen, dass man so etwas nicht ohne handfeste Beweise drucken kann.«
»Sie haben genug Möglichkeiten, Pat. Setzen Sie sie ein, um meine Behauptungen zu bestätigen.«
»Für ein solches Kaliber reichen meine Kontakte nicht aus. Sie schreiben über illegale Operationen, die so alt und so tief vergraben sind, dass keiner je etwas darüber gehört hat.«
»Carl Rice weiß alles darüber.«
»Wir können eine solche Story nicht auf das Wort eines geflohenen Angeklagten stützen, der einen Kongressabgeordneten, einen General und ...« Gorman schüttelte den Kopf
»Ich habe die genaue Zahl der Toten im Haus Ihres Vaters vergessen.«
»Sie müssen den Leuten zeigen, wie mein Vater wirklich ist.«
»Das kann ich nur mit absolut überzeugenden Beweisen. Sonst verklagt er uns, und wir verschwänden sang und klanglos von der Bildfläche.«
»Sie haben Angst, stimmt's? Hat er Ihnen gedroht?«
Gorman wirkte müde. »Weder Ihr Vater noch irgendjemand, der mit Ihm zu tun hat, hat sich bei mir gemeldet. Wir können einfach keine haltlosen Geschichten drucken, die einen Präsidentschaftskandidaten als Mörder bezichtigen.«
»Warum sind Sie dann hier?«
Gorman wirkte beklommen. »Wie ich schon sagte, Sie schreiben keine Knüller mehr, Sie sind der Knüller. Sie und Carl Rice sind die größte Story landesweit. Exposed hätte gern die Exklusivrechte.«
»Das glaube ich nicht, Pat! Ich hätte nie erwartet, dass Sie unsere Freundschaft ausnutzen würden.«
»Ihre Verteidigung wird kostspielig. Wir übernehmen die Honorare des besten Strafverteidigers.«
»Und wie lautet Ihre Schlagzeile? Liebestolle Jungfer von Serienkiller verführt, oder gefällt Ihnen Verrücktes Liebespaar auf der Flucht besser?«
»Sie können die Geschichte so erzählen, wie Sie wollen. Sie können sogar über Ihren Vater schreiben. Unsere Anwälte haben mir gesagt, dass wir nicht vor Gericht gezerrt werden können, wenn Sie diese Anschuldigungen selbst erheben.«
Vanessa wirkte traurig. »Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen, Pat. Ich dachte, Sie seien mein Freund.« »Das bin ich auch. Ich will Ihnen helfen.«
»Sie wollen eine Story. Und Sie machen mich selbst zu einer gigantischen, menschenfressenden Ratte.« »Das stimmt nicht!« protestierte Gorman schwächlich, aber er wirkte beschämt.
»Bitte, gehen Sie.«
»Denken Sie darüber nach?«
Vanessa war den Tränen nahe. Gorman konnte ihr nicht in die Augen blicken.
»Gehen Sie einfach, Pat.«
»Vanessa ...«
»Bitte.«
Vanessa schloss die Augen. Sie fühlte sich elender und niedergedrückter als bei ihrer Verhaftung. Sie hätte nie geglaubt, dass Pat Gorman sie im Stich lassen würde, aber er war wie alle anderen. Einen Moment lang ergab sie sich ihrer Verzweiflung, doch plötzlich erinnerte sie sich an etwas, was Gorman gesagt hatte. Der Schließer kam herein, um sie zu ihrer Zelle zu führen, aber sie bemerkte ihn nicht einmal. Ihr Boss hatte sie ungewollt auf etwas gestoßen, was Carl und sie möglicherweise retten konnte